Muss man Pawpaw schneiden? Immerhin sind ja die Pawpaw- oder Indianerbananen-Bäume (botanisch Asimina triloba) kaum domestiziert, es gibt fast nur Wildselektionen, und ausgedehnte Züchtungsprogramme haben mit Ausnahme von zwei Universitäten in den USA und einigen wenigen Einzelpersonen nicht stattgefunden. Warum also Pawpaw schneiden, wenn sie bis vor 100 Jahren an ihren Naturstandorten in Nordamerika auch ohne Schnitt ausgekommen sind. In diesem Artikel beantworten wir nicht nur diese Frage, sondern zeigen auch konkret auf, wie der Hausgartenschnitt am besten ausgeführt wird. Pawpaw oder Indianerbananen werden immer mehr zu einer zwar relativ seltenen, aber doch in Europa fest verwurzelten Kulturpflanze. Eine ganzheitliche Anleitung zu Pflanzung und Kultur der Pawpaw findest du ebenfalls im Gartenbuch. Pawpaw Bäumchen kaufen kannst du im Lubera® Shop.
Inhaltsverzeichnis
- Zusammenfassung
- Warum Pawpaw schneiden?
- Wie lange muss man Indianerbananen nicht schneiden?
- Nicht schneiden, bis das Pawpaw-Bäumchen zu blühen beginnt
- Pawpaw schneiden – die Grundlagen des Schnitts von Asimina triloba
- Die wichtigsten 5 Grundsätze des Pawpaw-Schnitts
- Vom blütenfördernden Schnitt zur Ernte – gut Ding muss Weile haben
- Handbefruchtung – oder warten auf die Fliegen
Zusammenfassung
Pawpaw fruchten am einjährigen, im letzten Jahr gewachsenen kurzen und mittellangen Holz. Dieses sollte also beim Schneiden immer geschont und belassen werden. Umgekehrt versucht man den Pawpaw Schnitt so zu gestalten, dass die Pflanze als Reaktion auf den Schnitt neues kurzes und mittelanges Fruchtholz ausbildet. Dazu werden beim Rückschnitt eines Seitentriebs oder beim Rückschnitt von abgetragenem Fruchtholz Stummel belassen, die wieder austreiben können. Da Pawpaw, die häufig auch Indianerbananen genannt werden, natürlich eine sehr schöne verzweigte Krone ausbilden und auch einige Jahre brauchen, bis sie adult und blühwillig sind (und 120cm hoch und höher), beginnt man in der Regel erst bei ca. 5-jährigen Bäumen mit dem Schnitt.
Warum Pawpaw schneiden?
Pawpaw wachsen am Naturstandort im lichten Wald, im Unterholz, nicht selten an Flüssen, Wasserläufen und Seen. Sie kommen auch mit etwas weniger Licht zurecht, das führt dann zu weniger Wachstum, auch zu weniger Fruchtbarkeit. Aber das ist in der Natur für die Pawpaw kein wirklicher Nachteil, da sie sich – wenn sie sich perfekt wohlfühlen – auch durch Ausläufer vermehren können und so über Hunderte oder gar Tausende von Jahren einige Hundert Meter messende Kolonien bilden können. Das ist übrigens in der Gartenkultur kein Problem, wenn die Umgebung der Bäume bearbeitet, bepflanzt oder gemäht wird.
Im Garten aber und in den Obstkulturen stehen die Pawpaw-Bäume im vollen Licht, was sie nach einigen Angewöhnungsjahren (schwaches Wachstum zu Beginn) auch gut überstehen. Aber natürlich fördert das Licht das vegetative Triebwachstum, die Bäume können dann nicht nur 2-3m hoch, sondern auch höher werden – und da macht es für manchen Gartenbesitzer schon Sinn, das Wachstum intelligent über Schnitt zu begrenzen und so den Baum in der perfekten Gartenhöhe von 2-3m zu halten. Übrigens gibt es noch einen weiteren Grund für den Schnitt: Bei den Pawpaw entstehen die Blüten und Früchte systematisch an der Peripherie der Krone – und ohne Schneiden wird die Fruchtzone immer höher und unerreichbarer.
Wie lange muss man Indianerbananen nicht schneiden?
Im Gegensatz zu vielen anderen Fruchtpflanzen muss man Pawpaw aber die ersten Jahre gar nicht schneiden – es gäbe da auch viel zu wenig zu tun. Ich kenne nur wenige holzige Pflanzen, die so langsam mit ihrem Wachstum beginnen, um dann ab dem Jahr 3 bis 5 nach der Pflanzung doch deutlich aufzuholen. Aber die ersten 3 Jahre kann man den Pawpaws beim Wachsen wirklich nicht zusehen – ersten weil man fast nichts sieht und zweitens weil die noch jungen Bäumchen die Blätter so traurig hängen lassen, so dass man gleich das Gefühl hat, man müsse dem armen Baumgeschöpf gleich zu Hilfe eilen… Das einzige Gute an dem unbefriedigenden Anfangswachstum ist die Tatsache, dass sich die Bäumchen, die meist in der Baumschule und im Verkauf als einsame bleistiftdicke Stängel von 30-60cm länge beginnt, überraschend gut und regelmässig verzweigen. So bildet sich in den ersten 3-5 Jahren automatisch eine regelmässige und schöne pyramidale Krone aus.
Bild: Junges blühendes Pawpaw-Bäumchen im 3. Standjahr. Man beachte die schöne und natürliche Kronenentwicklung.
Wenn dann das Wachstum etwas an Fahrt aufnimmt, kann man allenfalls die ganz tief liegenden Seitentriebe entfernen, um so zu verhindern, dass in Zukunft Früchte ganz nahe zum Boden entstehen, die beim Rasenmähen verletzt werden könnten oder mit ihrem Gewicht den Ast in Bodennähe ziehen.
Natürlich möchtet ihr nun wissen, wie lange ihr auf das Pawpaw Schneiden verzichten könnt, denn diese Geheimwissenschaft – das Schneiden – ist ja bei Gärtnern nicht besonders beliebt – wahrscheinlich, weil man nie genau weiss, ob man das beschnittene Bäumchen schwächt oder fördert. Das gilt auf jeden Fall, solange man diesen Artikel nicht gelesen hat.
Nicht schneiden, bis das Pawpaw-Bäumchen zu blühen beginnt
Damit Pawpaw Früchte tragen können, gibt es zwei Hürden zu überspringen: Erstens müssen sie blühen und zweitens müssen daraus Früchte entstehen, entweder über Selbstbefruchtung (bei den selbstfruchtbaren Sorten Prima und Sunflower) oder über Fremdbefruchtung (wenn man zwei verschiedenen Sorten gepflanzt hat). Von daher macht es auf jeden Fall Sinn, auf das Schneiden zu verzichten, solange der Pawpaw-Baum noch nicht blüht. Wie fast alle holzigen Pflanzen – vielleicht hier nur etwas deutlicher ausgeprägt – haben auch die Pawpaw eine Jugendphase, sie müssen das juvenile, jugendliche Alter überwinden, bis sie überhaupt beginnen, Blüten zu entwickeln. Bei veredelten Pflanzen, wie wir sie bei Lubera verkaufen, ist dies meist nach 2-3 Jahren nach der Pflanzung erreicht. Wenn man nun früher mit Schneiden beginnt, so zwingt man den Baum zu mehr vegetativem Wachstum und verlängert so die juvenile unfruchtbare Phase.
In der Regel kann man nach den ersten Blüten, denen dann meist im zweiten Blütenjahr auch die ersten Früchte folgen, nochmals einige Jahre mit Schneiden zuwarten, da eine schönere pyramidale Kronenbildung als beim natürlichen Wachstum auch mit den besten Schneide- und Erziehungskünsten kaum zu erreichen wäre. Also lässt man dem Pawpaw-Bäumchen die ersten Jahre einfach seinen Lauf. Wie schon erwähnt nimmt nach dem 3. Jahr das Wachstum etwas an Fahrt auf, die Blätter, die erst im Mai erscheinen, geben nun auch ihre Trauerstellung weitgehend auf. Ganz offensichtlich hat sich der Baum an seinen für ihn ungewöhnlichen Gartenstandort (meist alleine, vollsonnig) gewöhnt… Die Zeit des Schneidens kommt erst, wenn der Baum ca. 150cm Höhe erreicht hat und wenn man ihn ungefähr auf einer Gartenhöhe von 2-3m halten möchte.
Bild: Ca. 7 Jahre alter Pawpaw-Baum nach dem Schnitt und während der Blüte. Man sieht die natürlich entwickelte Krone und wie diese jetzt mit einigen beherzten Schnitten begrenzt wurde.
Pawpaw schneiden – die Grundlagen des Schnitts von Asimina triloba
Es lohnt sich bei vielen fruchttragenden Pflanzen den rein ästhetischen Schnittfokus (weg muss, was nicht gefällt) zu verlassen und die Pflanze so zu schneiden, wie es ihrem Wuchs- und Fruchtungsverhalten entspricht. Schliesslich möchten wir ja bei einem Fruchtbaum auch möglichst viele Früchte ernten und nicht nur eine Heckenpflanze erziehen, die ihre Fruchtbarkeit fast schon vergessen hat.
Wie verhält es sich nun damit bei den Pawpaw? Glücklicherweise kann das Fruchtungsverhalten bei den Pawpaw viel klarer als bei den meisten andere Obstarten analysiert werden, da sie deutlich vor dem Blattaustrieb blühen, so dass man ganz deutlich sehen kann, wo Früchte entstehen können. Schliesslich gibt es ohne Blüten ja ganz sicher keine Früchte…. Und siehe da, Pawpaws blühen fast ausschliesslich am letztjährig gewachsenen Holz, und zwar am liebsten an kurzen und mittellangen Seitentrieben der Gerüstäste, hier meist ca. in der Mitte des Ästchens.
Bild: Die Blüten entstehen meist irgendwo in der Mitte des frisch gewachsenen Ästchens.
Der Trieb, an dem die Blüten entstehen, ist immer gerade im Vorjahr gewachsen, nur äusserst selten sieht man Blüten am alten Holz.
Bild: Pawpaw blühen vor der Blattentfaltung, und sie blühen am kurzen und mittellangen letztjährigen Holz.
Die wichtigsten 5 Grundsätze des Pawpaw-Schnitts
Daraus kann man nun ganz einfach die wichtigsten 3 Grundsätze des Indianerbananen-Schnitts herleiten, an die man sich leicht erinnern kann.
- Das Fruchtholz: Kurzes oder mittellanges Seitenholz der Hauptäste, das im Vorjahr gewachsen ist oder sich mit einem neuen Zuwachs etwas verlängert hat (plus 10-30cm) wird nie entfernt, sondern belassen. Hier werden die Blüten entstehen, und so es der Pawpaw-Pflanze gefällt, irgendwann auch die Früchte…
Bild: Letztjährig gewachsenes kurzes und mittelanges Fruchtholz nicht schneiden, denn hier entstehen die Blüten.
- Immer Stummel lassen: Wenn du schneidest, dann schneide einen Ast nie ganz weg, sondern lasse immer einen kurzen Stummel von 3-7cm stehen. Warum diese auf den ersten Blick unsaubere Arbeitsweise? Weil eben aus diesem Stummel wieder kurzes und mittellanges Fruchtholz entstehen kann, das dann im folgenden Jahr blühen und fruchten wird
- Der Fruchtholzschnitt: Abgetragene Seitenästchen, die Früchte getragen haben und häufig auch etwas hängen, werden ebenfalls auf 3-5cm zurückgeschnitten, um neues Holz zu erzeugen
- Höhenbegrenzung: Die Hauptäste und die Baummitte, die zu hoch werden, ebenso stärker wachsende seitliche Gerüstäste werden grosszügig zurückgeschnitten, wobei bei Seitenästen immer ein Stummel belassen wird. Wenn meine Zielhöhe des Baumes ca. 250 cm ist, schneide ich ihn ca. 30-40cm unter diese Höhe zurück und schaue auch darauf, dass die seitlichen Hauptäste etwas tiefer enden als die Baummitte.
Bild: Höhenbegrenzung eines 7 Jahre alten Pawpawbaums, Stummel werden belassen und das feine Fruchtholz wurde nicht geschnitten – richtigerweise, denn es blüht jetzt!
- Schnittzeitpunkt: Pawpaw werden Mitte Februar bis Mitte März geschnitten. Natürlich kann man auch noch in der Blütezeit schneiden (das Triebwachstum hat im April noch gar nicht begonnen), allerdings ist dann der Schnittmut des Gärtners häufig etwas zu stark gebremst, da er Angst hat, dem wertvollen Bäumchen Schaden zuzuführen. Aber immerhin kann man zur Blütezeit unschwer erkennen, was man auf keinen Fall schneiden darf: kurzes und mittellanges Fruchtholz mit den dunkelvioletten bis braunen Blüten.
Vom blütenfördernden Schnitt zur Ernte – gut Ding muss Weile haben
Nicht selten hören wir, dass Pawpaw-Bäumchen blühen, aber nicht fruchten. Meist handelt es sich dabei um noch relativ junge Pflanzen. Bei den Fruchtgehölzen ist es ja so, dass nach der Blüte auch die Befruchtung folgen muss, was bei dieser Fruchtart, Asimina triloba nicht ganz einfach ist. Es braucht entweder selbstfruchtbare Sorten (wie Prima und Sunflower) oder aber zwei verschiedenen Sorten für die Befruchtung. Pawpaw sind – mit der Ausnahme der erwähnten Sorten – grundsätzlich selbstunfruchtbar und können nur von einer anderen Sorte befruchtet werden. Aber auch damit sind noch nicht alle Hürden übersprungen, ganz einfach weil die männlichen und weiblichen Organe ein- und derselben Blüte nacheinander reif werden: Ist der weibliche Stempel schon empfangsbereit und wartet verzweifelt auf Pollen, entwickelt sich der Rasen der Staubgefässe erst ganz langsam und gibt den Pollenstaub erst her, wenn die Blüte fast schon hinüber ist. Darüber habe ich im Lubera Gartenbuch einen eigenen kurzen Artikel geschrieben: Befruchtung und Befruchtungsverhältnisse bei Pawpaw.
Handbefruchtung – oder warten auf die Fliegen
Es bietet sich natürlich an, diese männliche Verspätung der Pawpaw-Blüten händisch zu überbrücken oder auszugleichen. Wer seinem noch etwas jungen ungeschickten Bäumchen beim Fruchtansatz helfen will, pflückt einfach weitgehend abgeblühte Blüten, deren Petalen schon fast braun sind und abzufallen drohen und streicht mit ihnen über die neuen frischen Blüten mit den empfangsbereiten Stempeln. Bei selbstfruchtbaren Sorten können die Befruchterblüten vom gleichen Baum stammen, bei selbstunfruchtbaren Sorten sollten die alten Blüten mit dem reifen Pollenrasen von einer anderen Sorte gepflückt werden.
Gibt es noch eine andere Möglichkeit? Ja, abwarten! Nicht bis der Zufall spielt, sondern bis sich im Sinne eines natürlichen Pairings oder Fittings die richtigen Insekten und vor allem Fliegen eingefunden haben, die gerne die parfümierten bis stinkenden Pawpawblüten besuchen und damit die Funktion des Befruchters und Kupplers übernehmen. Mir fällt in meinem eigenen Garten auf, dass dieser Besuch nach einigen Jahren deutlich zunimmt – und meist gleichzeitig setzt dann auch der Ertrag ein. Dies ist übrigens ein weiteres schönes Beispiel dafür, dass Lebewesen (Pflanzen und Tiere/Insekten) in einer neuen und fremden Umgebung nach einer Angewöhnungszeit sehr häufig die passenden neuen Partner (z.B. für die Befruchtung) finden. Diese Anpassungsfähigkeit der Natur (dass unbekannte und neue Lebewesen zueinander finden und sich ergänzen) wird häufig unterschätzt. Sie ist letztlich ein wichtiger Teil der Evolution und funktioniert schneller als die genetische Anpassung.